Wie sollte man mit Depressiven Menschen umgehen?
Mit depressiven Menschen umzugehen, ist nicht einfach und doch so wesentlich für den Heilungsweg. Depressionen verändern, wie Menschen fühlen, handeln und kommunizieren – und das schlägt sich im Umfeld nieder. Deshalb ist es so wichtig, viel Einfühlungsvermögen im Umgang mit depressiven Menschen zu zeigen. Dabei geht es nicht nur darum, für die Betroffenen da zu sein, sondern mindestens ebenso sehr darum, deine Grenzen zu erkennen und dich zu schützen.
Wie Depressionen das Verhalten und die Gefühle beeinflussen
Was fühlt ein depressiver Mensch?
Vor allem Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit und diese nagende innere Leere, die sich oft mit einem entsetzlichen Gefühl von Wertlosigkeit verbindet. Viele erzählen auch von Schuldgefühlen und Scham, die das Ganze noch erschweren. Bei einigen Menschen mit Depressionen ist die Gefühlswelt komplett versickert, zurück bleibt ein gähnendes Nichts.
Das ist aber noch nicht alles: Oft bestehen körperliche Beschwerden wie diffuse Schmerzen, Schwindel und intensive Schwächezustände, die Betroffenen Angst machen. So werden selbst kleinste Herausforderungen unüberwindbar. Da ist es nur logisch, dass viele Depressive sich schämen und zurückziehen.
Wie spricht ein depressiver Mensch?
Die Kommunikation mit Menschen, die an Depressionen leiden, läuft oft anders ab – Betroffene kommunizieren zurückhaltend, langsam und mit weniger Ausdruckskraft. Die innere Erschöpfung und die lähmenden Gedanken machen es vielen Betroffenen schwer, sich mitzuteilen.
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Manche sprechen auffällig leise, monoton oder teilnahmslos. Das wird fälschlicherweise als Desinteresse gedeutet. Außerdem kann es passieren, dass Betroffene begonnene Gespräche aus Überforderung abbrechen. Das Ganze ist nicht böse gemeint, sondern ein Ausdruck der Erkrankung.
Hier gilt: so tief durchatmen, wie es nur geht. Geduldig bleiben und mit viel Verständnis reagieren. Ich kann dir aus Erfahrung sagen: Ein Konfrontationskurs gegen den Depressiven bringt hier gar nichts, außer Tränen, Schuldgefühle und Stress. » Vgl. 14 Dinge, die du nie zu Depressiven sagen solltest
Was braucht ein depressiver Mensch?
ehrliches Verständnis
bedingungslose Wertschätzung
praktische Unterstützung
Das gelingt, wenn du die Krankheit als Krankheit anerkennst (anstatt als Persönlichkeitsdefizit) und die Symptome ernst nimmst – ohne Drama, aber auch ohne sie kleinzureden.
Vgl. Depression als Krankheitsbild
Konkrete Hilfe brauchen Betroffene v.a. im Alltag – genauso wie ständige Ermutigung, um Schritt für Schritt weiterzukommen. Genauso wichtig ist es, ihnen den Raum zu geben, sich zurückzuziehen, ohne dass sie sich deswegen schuldig fühlen müssen. » Vgl. Depressiven Partner in Ruhe lassen?
Grundsätze in der Kommunikation mit depressiven Menschen
Wie umgehen mit depressiven Menschen?
Geduld, Einfühlungsvermögen und das Bewusstsein für die besonderen Herausforderungen der Erkrankung sind jetzt gefragt. Voraussetzung ist selbstverständlich, dass du deine eigenen Grenzen achtest und gut auf dich selbst aufpasst.
Allein deine ruhige und zuverlässige Präsenz gibt Erkrankten viel Halt. Kleine, praktische Hilfen (Mahlzeit zubereiten, Küche aufräumen, Wäsche waschen, einkaufen) und eine mitfühlende Haltung erleichtern es, sich zu öffnen.
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Wenn du drängst, schimpfst und kritisierst, führt das nur zur Eskalation und du wirst für den Betroffenen zu einer weiteren Stressquelle. Klar, du bist nur ein Mensch, und bei so viel Belastung platzt jeder mal. Nur bitte provoziere keine Streitereien oder Kritik-Gespräche bewusst, die führen oft nur zu weiteren Verletzungen ohne wesentliche Veränderung.
Zeig lieber Verständnis für die Symptome und die individuelle Lage. So entsteht ein Klima, in dem depressive Menschen sich sicher fühlen und das Vertrauen beibehalten – und das ist der Clou, damit du überhaupt an den anderen / die andere noch herankommst. Vgl. Sinnkrise der Depression
Wie redet man mit depressiven Menschen?
Die Frage „Wie geht es dir?“ löst bei vielen Kranken Erwartungsdruck aus, weil sie das Gefühl haben, du erhoffst eine positive Antwort (was ja auch stimmt). Besser sind daher konkrete, behutsame Fragen wie:
„Hast du heute schon etwas gegessen?“
„Willst du vielleicht einen Spaziergang machen?“
“Kann ich dir bei XY helfen?”
Zuhören ohne zu urteilen und ohne ungefragt Ratschläge zu äußern, ist eines der wichtigsten Prinzipien im Umgang mit depressiven Menschen. Wenn die Person um Rat bittet, kannst du natürlich helfen, aber meistens ist aktives zuhören die beste Unterstützung.
Wenn depressive Menschen sich nicht melden
Es ist typisch, dass depressive Menschen den Kontakt zu Angehörigen oder Freundinnen und Freunden abbrechen (oder zumindest extrem einschränken). Das ist ein direkter Ausdruck von Überforderung, Minderwertigkeitsgefühlen und Angst (als Last oder verrückt zu gelten).
Erhältst du keine Antwort, ist das frustrierend und auf Dauer anstrengend. – Daher hier der wichtigste und zugleich schwierigste Tipp: Nimm das nicht persönlich!
Bleib geduldig dran und biete immer wieder Kontakt an. Auch wenn keine Antwort kommt, spenden deine bloße Präsenz und das Angebot von Unterstützung schon Trost. Manchmal braucht es einfach Zeit und Geduld, bis sich die Betroffenen wieder öffnen können. Vgl. Warum melden sich Depressive nicht?
Klappt das nicht, müssen weitere Menschen hinzugezogen werden, die evtl. besseren Einfluss auf den Erkrankten haben (Familie, Freunde, Fachkräfte).
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Wenn depressive Menschen sich zurückziehen
Soziale Selbstisolation gehört leider oft zur Depression. Rückzug heißt nicht automatisch „Ich will nichts mit dir zu tun haben“, sondern ist oft ein Versuch, mit dem Leiden irgendwie klarzukommen.
Hier greift die gleiche Lösung, wie oben: Mach kleine, unkomplizierte Kontaktangebote – zum Beispiel eine kurze Nachricht.
Gleichzeitig gilt: Bitte den Wunsch nach Rückzug respektieren und nicht mit Vorwürfen oder Erwartungen reagieren. So beugst du unnötigem Druck vor.
Wenn depressive Menschen lügen
Wenn depressive Menschen lügen oder ihre Gefühle / Probleme verbergen, dann, weil sie niemandem zur Last fallen wollen, sich schämen oder ängstigen. Lügen in seelischen Notsituationen ist kein Vertrauensbruch, sondern ein Schutzmechanismus. Daher bitte nicht mit Vorwürfen reagieren, sondern mit Verständnis für die schwierige Lage.
Wenn depressive Menschen abweisend sind
Abweisendes Verhalten ist ebenfalls Ausdruck der Depressionen, keine persönliche Abfuhr. Hinter der emotionalen Distanz stecken oft Gefühle von Wertlosigkeit und Scham, mit denen die Betroffenen kämpfen.
Bleib geduldig und zeig Verständnis – auch wenn es schwerfällt.
Biete weiterhin deine Unterstützung an, ohne Druck zu machen.
Wenn depressive Menschen aggressiv werden
Aggressives Verhalten ist so gut wie immer ein Ausdruck von Frust, Hilflosigkeit, Angst oder Schmerz. So schwer es auch ist, das ist kein persönlicher Angriff, sondern eine natürliche Reaktion auf die leidvolle Erkrankung. Vgl. Depression: Aggression in 50 % aller Fälle
Am besten nimmst du die Spannung raus, indem du ruhig bleibst und dich nicht provozieren lässt.
Bleib respektvoll und sachlich, ohne zu sticheln oder Vorwürfe zu machen. I.d.R. flaut so die Wut des Gegenübers ab, weil sie nicht weiter gefüttert wird.
Überraschungseffekt nutzen: Schlage eine Pause vor und verbinde sie mit einer freundlichen Geste. Zum Beispiel: “Ich brauche einen Moment. Ich werde mir schnell einen Tee in der Küche kochen und dann reden wir weiter. Möchtest du auch eine Tasse?”
Frag nach, um zu erfahren, was hinter der Wut steckt, und zeige Verständnis.
Wenn die Situation zu heftig wird, musst du ausbrechen: Verlasse den Raum oder das Haus.
Was tun, wenn ein depressiver Partner sich trennt?
Diese Entscheidung aus der Depression heraus zu treffen, ist sicher nicht richtig. Gleichzeitig kannst du nicht viel tun, wenn der andere so tief in der Depressionsspirale steckt.
In diesem Fall geht es zu allererst darum, dir selbst den Freiraum für Trauer über das (vermeintliche) Ende der Beziehung zu geben. Vgl. Warum trennen sich Depressive?
Mach dir bitte klar, dass du bereits alles Menschenmögliche gegeben hast, um zu unterstützen und zu helfen. Doch eine professionelle Psychotherapie kannst du nicht ersetzen.
Noch wichtiger: Suche Trost bei vertrauten Menschen, in Angehörigen-Gruppen, in Foren oder in einer Psychotherapie. Du verdienst das jetzt!
Trotz Trennung den Kontakt suchen?
Leider gibt es hier kein Patentrezept. Es kommt immer auf die individuelle Situation, Lebenserfahrungen, Lebensumstände usw. an.
Geht eine jahrelange Beziehung plötzlich wegen der Depression in die Brüche, ist das wahrscheinlich nicht das Ende eurer Geschichte, sondern eine Beziehungskrise. Hier kannst du versuchen, geduldig Kontakt und Unterstützung anzubieten.
Andererseits gibt es auch Depressive, die so aggressiv und vorwurfsvoll reagieren, dass kaum noch Kommunikation möglich ist. In solchen Fällen ist es erst einmal besser, auf Abstand zu gehen. Und fachliche Informationen zum Umgang mit Aggressionen durchzulesen. Vgl. Depression bei Männern: Wut auf Partner
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Fazit: Wie sollte man mit Depressiven Menschen umgehen?
Ich will mit diesem Text sicher nicht sagen, dass Angehörige, Partner und Freunde sich aufopfern müssen oder sollen. Ich möchte zeigen, dass Hilflosigkeit, Überforderung und Unsicherheit natürliche Gefühle in dieser Situation sind. Einen depressiven Menschen zu unterstützen, kann und wird dich immer wieder an deine Grenzen bringen.
Das ist bei allen pflegenden Angehörigen so, weil diese Lebenslage ihnen alles abverlangt.
Es ist ein Auf und Ab: Es wird Phasen geben, in denen du schmerzlich an deine Grenzen erinnert wirst und an der Beziehung zweifelst. Darauf werden aber auch immer wieder Phasen folgen, in denen du Fortschritte bemerkst und Zuversicht und Elan verspürst.
Ich kann aus eigener Erfahrung sagen: Es lohnt sich, bewusst und mit Verständnis dranzubleiben, wenn deine Kraft es erlaubt.
Denn das hilft wirklich, das Leid zu mildern und gleichzeitig Hoffnung ins Spiel zu bringen – genau das, was du und die erkrankte Person im Moment so dringend braucht.