Madeleine Truel – peruanische Heldin des 2. Weltkriegs
Vor 80 Jahren starb eine peruanische Heldin des Zweiten Weltkriegs: Madeleine Truel war eine peruanisch-französische Autorin, die im von den Deutschen besetzten Frankreich Widerstand leistete. Nach ihrer Verhaftung wurde sie ins KZ-Sachsenhausen deportiert und starb in ihrem 40. Lebensjahr als Opfer des Todesmarsches am 3. Mai 1945. In Deutschland ist sie unbekannt (es gibt nicht mal einen deutschen Wikipedia-Eintrag), in Peru gilt sie als Nationalheldin, für die Denkmäler errichtet werden.
Über Madeleine Truel
Wer in Miraflores, einem der besseren Ausgeh- und Touristenviertel Limas, der Hauptstadt Perus, an die begrünte Steilküste geht, den sogenannten Malecón (zu Deutsch: Wellenbrecher), um ein wenig am Pazifik entlangzuspazieren, entdeckt neben Fitnessgeräten, Kinderspielplätzen und den Büsten ranghoher peruanischer Militärs aus dem 19. Jahrhundert auch ein großes Bronzedenkmal.
Eine junge Frau sitzt auf einem Bücherstapel. Darunter die Aufschrift: „Con su pluma salvó muchas vidas“ (zu deutsch: „Mit ihrer Feder rettete sie viele Menschen“). Der Name der jungen Frau: Madeleine Truel.
Madeleine Truel wurde am 28. August 1904 in Lima geboren. Gestorben ist sie am 3. Mai 1945 in Stolpe (Mecklenburg). Dazwischen liegt ein bewegtes und bewegendes Leben, das sie von Südamerika nach Frankreich führt.
Dort leistet sie unter der deutschen Besatzung Widerstand, wird verhaftet und ins KZ Sachsenhausen deportiert, wo sie am Kriegsende in ihrem 40. Lebensjahr zum Opfer des sogenannten Todesmarsches wurde. In Peru ist sie eine Nationalheldin, der man ein Denkmal gesetzt hat. In Deutschland ist sie unbekannt. Es gibt nicht mal einen deutschen Wikipedia-Eintrag. Dabei wäre es gut, wenn man ihre Geschichte kennen würde.
Die Geschichte von Madeleine Truel
Diese beginnt – wie so vieles in der Menschheitsgeschichte – mit Migration. Ihre Eltern, Alexandre Léon Truel and Marguerite Larrabure, verlassen ihre französische Heimat und wandern Ende des 19. Jahrhunderts nach Peru aus. Sie lassen sich in der Hauptstadt Lima nieder und eröffnen ein Geschäft für Werkzeug und Baustoffe. Madeleine wird am 28. August 1904 als Letztes von acht Kindern geboren. Familie Truel ist katholisch und Madeleine wird im Glauben erzogen. In der Schule spricht sie Spanisch, zu Hause Französisch, beide Sprachen beherrscht sie perfekt.
Als Jugendliche muss sie den Tod ihrer Eltern verkraften. Ihre Mutter stirbt an einer Krankheit, ihr Vater am 6. Mai 1918 bei einem Einsatz seiner Feuerbrigade, für die er nebenbei tätig ist. Posthum erhielt er dafür besondere Ehrungen. Die erst 13-jährige Madeleine bleibt zunächst in Lima bei ihren älteren Geschwistern, um 1924 nach Paris zu Verwandten zu ziehen und an der renommierten Universität Sorbonne ein Philosophiestudium zu beginnen. Sie arbeitet dann für eine spanische Bank. Ihre Verbindung zu Peru besteht in diesen Jahren darin, dass sie ihre Kommilitonen und Arbeitskollegen nach traditionellen peruanischen Rezepten bekocht und ihnen mit Anekdoten über ihre Kindheit und Jugend die peruanische Kultur näherbringt.
Als die deutsche Wehrmacht im Juni 1940 in Frankreich einfällt und das Land zum großen Teil besetzt, ändert sich für Madeleine alles.
Über ein befreundetes Ehepaar bekommt sie Kontakt zur Resistance, der französischen Widerstandsbewegung, der sie sich bald darauf anschließt. Ihre Aufgabe dort ist das Fälschen von Dokumenten, insbesondere von Pässen, mit denen jüdischen Flüchtlingen die Ausreise und alliierten Agenten die Einreise ermöglicht wurde. Ihr Deckname innerhalb der Widerstandsbewegung ist „Marie“.
Im Januar 1942 wird Madeleine von einem Wehrmachtsfahrzeug erfasst. Die genauen Umstände des Unfalls sind nicht bekannt. Madeleine trägt zahlreiche Knochenbrüche davon, muss lange im Krankenhaus bleiben. Ihre Beinverletzungen sind so schwer, dass sie fortan hinkt.
1943 schreibt sie das Buch L'Enfant du Metro (zu deutsch etwa „Der U-Bahn-Junge“), in dem die Geschichte eines Jungen erzählt wird, der durch die Stationen der Pariser U-Bahn streift; ihre Schwester Lucha hat es farbenfroh illustriert. Gewidmet ist es dem Sohn einer befreundeten jüdischen Familie.
Am 19. Juni 1944 wird Madeleine verhaftet, als sie sich in einem Versteck der Resistance Tinte besorgen will.
Sie wird zur SS gebracht und im Gefängnis Fresnes, wenige Kilometer südlich von Paris inhaftiert. Dort wird sie gefoltert. Ihre Schergen wollen Namen, doch Madeleine verrät sie ihnen nicht. Einen Besuch gesteht man ihr noch zu, es kommen einige Familienmitglieder und bringen ihr eine Bibel. Anfang 1945 wird sie ins KZ Sachsenhausen bei Berlin verbracht.
Unter den harten Bedingungen des KZ zeigt sie heroische Tugenden, wie Überlebende bezeugen. Sie teilt ihre spärlichen Essensrationen mit denen, die sie noch nötiger haben. Sie muntert ihre Mitgefangenen auf, indem sie ihnen schöne Geschichten aus dem fernen Peru erzählt. Sie bewahrt sich einen hoffnungsvollen Geist und spendet Trost, wo sie nur kann.
Der Zweite Weltkrieg neigt sich dem Ende zu.
Von Osten her rückt die Rote Armee immer näher. Am 22. April 1945 werden die Insassen des KZ Sachsenhausen gezwungen, das Lager zu verlassen, um Richtung Westen zu gehen. Bis ins 160 Kilometer entfernte Lübeck soll der Todesmarsch führen. Madelaine hat es mit ihrer Gehbehinderung besonders schwer.
Als sie einmal das Tempo nicht mehr mithalten kann, wird sie von einem der Soldaten mit einer Eisenstange geschlagen. Sie verliert das Bewusstsein. Einige Mitgefangene tragen sie noch auf einer improvisierten Bahre bis in die mecklenburgische Kleinstadt Stolpe. Dort stirbt Madelaine Truel am 3. Mai 1945.
Ich denke, es ist wichtig, Madelaine Truel und ihre beeindruckende Lebensgeschichte zu kennen.
Das dachten auch die peruanischen Bischöfe. 2013 ließen sie auf dem Weltjugendtag einen halbstündigen Dokumentarfilm über die Frau aus Peru im französischen Widerstand zeigen, der im Jahr zuvor unter der Regie von Luis Enrique Cam und mit Silvana Anduaga als Madelaine Truel entstanden ist.
Titel: „Madeleine Truel. La Heroína Peruana de la Segunda Guerra Mundial“. Es ist zu wünschen, dass die peruanische Heldin des Zweiten Weltkriegs auch in Deutschland zu einem Vorbild an Mut und Tugend wird, gerade auch unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen.