Klopfen gegen Angst » Übungen mit Anleitung + Videos
Klopfen bei Angst- und Panikzuständen kann helfen, weil hier Körperempfindungen eine besondere Rolle spielen. Verschiedene, körperorientierte Techniken können daher akute Angst oder Panik reduzieren. Wie immer gilt: Du musst ausprobieren, was dir am besten hilft, die Angst zu bewältigen.
Mindestens genauso wichtig: Wenn dir diese Methoden nicht helfen, dann gibt es noch viele andere, die vielleicht besser zu dir passen (Atemübungen, mentale Techniken etc.).
Inhalt: Klopfen gegen Angst
Übungen / Anleitungen:
Ergänzung / Alternative: Atemübungen
Fazit: persönliche Meinung
Körperliche Symptome der Angst
Ein Mensch mit Angststörung hat weit mehr Probleme als seine Gedanken. Wenn du immer wieder von extremer Angst und Panik überflutet wirst, verlierst du mehr und mehr das Vertrauen in deinen Körper. Dabei ist jede erneute Angst- oder Panikattacke wie eine Art der Retraumatisierung.
Was solche wiederholten Erlebnisse mit einem Menschen machen, lässt sich aus der Außenperspektive kaum vorstellen: Du wirst dir selbst fremd. Dein Körper erhält den Charakter einer immanenten Gefahr.
Er verrät dich, indem er Angstzeichen wie Erröten oder Schwitzen zeigt.
Er arbeitet gegen dich, indem er immer wieder verrückt spielt und sich unberechenbar verhält.
Er hemmt und quält dich durch körperliche Beschwerden.
Was ich mit dieser dramatischen Einleitung verdeutlichen wollte, ist die Gefühls- und Körperproblematik, die bei Angststörungen aller Art auftreten. Die Störung des Leibempfindens wird durch eine negative Beziehung deutlich. » Wie fühlt sich Angst an? (Daran hat mich das Interview mit Daniel letztens erinnert » Panikattacken überwinden: Erfahrungen)
D. h. Angst wird nicht nur mental erfahren, sondern immer und ohne Ausnahme auch körperlich. Und zwar unmittelbar – durch Symptome wie Erröten, Schwindelanfälle, Anspannung, Atemnot, Schwitzen und Zittern. » Angst- und Paniksymtpome
Anleitungen:
Klopfen bei Angst- & Panikattacken
Wenn du unter Angst und Panik leidest, können Klopftechniken eine wertvolle Ergänzung für deinen Notfallkoffer sein. » Selbsthilfe bei Angststörungen
Wirkung von Klopf-Techniken
Nervensystem & kognitive Umstrukturierung
Das Klopfen auf bestimmte Akupunkturpunkte soll das parasympathische Nervensystem aktivieren, das für Entspannung und Beruhigung zuständig ist. (TCM)
In der Forschung wird aber auch angenommen, dass durch das Klopfen der präfrontale Kortex und die Amygdala positiv beeinflusst werden, wodurch Angst und Stress abnehmen. (Neurologie)
Die dritte Komponente beim Klopfen sind Selbstaffirmationen, die helfen, das Selbstwertgefühl zu stärken und Denkmuster zu verändern. (Psychologie)
Durch die taktile Stimulation, zum Beispiel durch Tapping (vgl. Berührungstherapie) sollen außerdem Serotonin und Oxytocin ausgeschüttet werden. – Darüber hinaus hilft Klopfen auch bei der Ablenkung (Psychologie).
Anleitung + Video
PEP-Klopfen gegen Ängste
Genaueres über die Grundlagen und Wirkmechanismen findest du hier auf dem Blog im Artikel von Gastautor Dr. Olaf Christian Holz: Verbindung von Exposition mit sensorischer Stimulierung
1. Identifiziere deine Angst:
Setze dich in einen ruhigen Raum und nimm dir einen Moment Zeit, um deine Angst oder deinen Stressauslöser klar zu benennen.
Sei spezifisch: Was genau macht dir Angst?
2. Bewerte die Intensität:
Schätze auf einer Skala von 0 bis 10, wie stark die Angst in diesem Moment ist – 0 bedeutet keine Angst, 10 bedeutet extreme Angst.
3. Klopfen:
Beginne nun, im Rhythmus deiner Atmung, die folgenden Klopfpunkte zu bearbeiten – klopfe sanft mit den Fingerspitzen oder der gesamten Hand:
Start: Innenseite deines Handgelenks (natürlicher Reflexpunkt) mit Affirmationssatz
7) Stirn (zwischen den Augenbrauen)
8) Punkt zwischen Augenbraue und Nase
9) Schläfe, nahe Augenwinkel
10) Unterhalb deiner Augen
11) Oberhalb des Mundes
12) Unterhalb deines Mundes
13) Unterhalb des Schlüsselbeins
14) oberer Rippenbogen
15) Unter den Achseln
16) oberhalb der Brustmitte
4. Formuliere deine Sätze:
Während du klopfst, sprich laut oder in Gedanken über deine Angst. Beginne mit einem Satz, der den emotionalen Zustand beschreibt, z. B.: „Obwohl ich Angst habe, bin ich sicher und akzeptiere mich so, wie ich bin.“
5. Wiederhole den Klopfzyklus:
Klopfe mehrere Runden, indem du die Punkte wechselst und dabei deine Sätze wiederholst.
6. Überprüfe die Intensität erneut:
Nach ein paar Minuten stoppe und bewerte deine Angst erneut auf der Skala von 0 bis 10. Spürst du eine Erleichterung? Hat sich die Intensität des Gefühls verringert?
Video: PEP-Klopfen bei Angst & Stress
Dr. Michael Bohne gibt eine direkte und praktische Anleitung zum Mitmachen.
» Bohne: Bitte klopfen!: (#Affiliate-Link/Anzeige), Anleitung zur emotionalen Selbsthilfe
(Emotional Freedom Techniques)
EFT Klopf-Akupressur gegen Panik & Angst
Auch bei der EFT Klopftechnik werden die Meridianpunkte beklopft, üblicherweise mit Zeige- und Mittelfinger.
Es existieren zahlreiche Anleitungen zur Klopfakupressur, die du im Internet oder auf YouTube findest. Die sind sich alle sehr ähnlich und variieren in ein paar Details. In einigen dieser Anleitungen werden bestimmte Punkte ausgelassen, während in anderen zusätzliche Punkte, wie zum Beispiel der Kopfpunkt, hinzugefügt werden.
Im Grunde ist es egal, welche EFT-Anleitung du auswählst, entscheidend ist, dass du klopfst – ob du einen Punkt mehr oder weniger verwendest, spielt dabei keine Rolle. Und auch nicht, ob du die Klopfpunkte genau triffst, du musst nur den jeweiligen Bereich erwischen.
EFT-Klopfpunkte im Überblick
Broschenpunkt, auch als „Wunderpunkt“ bekannt: befindet sich an der Stelle, wo du eine Brosche anbringen würdest
Augenbrauenpunkt: liegt an der Nasenwurzel, am inneren Ende der Augenbraue
Augenpunkt: an der äußeren Seite des Auges
Jochbeinpunkt: direkt unterhalb des Auges
Nasenpunkt: zwischen der Nase und der Oberlippe
Kinnpunkt: zwischen der Unterlippe und dem Kinn
Schlüsselbeinpunkt: unter dem Schlüsselbein lokalisiert
Unter-dem-Arm-Punkt: direkt unterhalb der Achsel
1. Bestimme dein Anliegen:
Identifiziere ein spezifisches emotionales oder körperliches Problem, das du angehen möchtest – sei es Angst, Stress, Trauer oder ein körperliches Unbehagen.
2. Bewerte die Intensität:
Schätze die Intensität deines Problems auf einer Skala von 0 bis 10, wobei 0 keine Problematik und 10 extreme Belastung bedeutet.
3. Formuliere ein Setup-Statement:
Erstelle einen Satz, der deine Problematik und deine Selbstakzeptanz umfasst, z. B.: „Obwohl ich [dein Anliegen] habe, akzeptiere ich mich dennoch ganz und gar.“ Wiederhole diesen Satz dreimal, während du einen Akupressurpunkt klopfst (normalerweise auf der Innenseite eines Handgelenks).
4. Klopfen der Punkte:
Klopfe sanft und rhythmisch bei jedem der folgenden Punkte, während du kurze Erinnerungen an dein Anliegen formulierst: Auf jedem Punkt klopfst du für etwa 5–7 Sekunden.
5. Überprüfe die Intensität erneut:
Nach 2 bis 3 Runden machst du eine Pause und bewertest die Intensität deines Problems erneut auf der Skala von 0 bis 10.
Hat sich die Zahl verringert?
6. Wiederhole den Prozess:
Falls nötig, wiederhole das Klopfen und passe deine Setup-Statements an.
Hier findest du außerdem ein kostenloses Handbuch für Klopfakupressur: EFT Manual
Video: EFT-Klopftechnik bei Angst
Hier eine EFT-Video-Anleitung zum Mitmachen
Anleitung + Video
Schmetterlingsumarmung
Butterfly-Hug zur Selbstberuhigung
Die Schmetterlingsumarmung ist eine Technik aus der Traumatherapie, die helfen kann, sich selbst zu beruhigen.
1. Finde einen ruhigen Ort:
Setze dich an einen Ort, an dem du nicht gestört wirst.
Stelle sicher, dass du bequem sitzt oder liegst.
2. Überkreuze die Arme:
Kreuze die Arme über der Brust, um die Hände auf den gegenüberliegenden Oberarmen zu legen. Du kannst auch die Schultern umschließen.
3. Klopfen in einem sanften Rhythmus:
Klopfe sanft auf die Arme / Schultern und finde einen sanften, gleichmäßigen Rhythmus, der für dich angenehm ist.
Die Bewegung muss beruhigend wirken.
4. Nutze eine Affirmation:
Während du klopfst, kannst du eine beruhigende Affirmation wiederholen, z. B.: „Ich bin sicher. Ich bin hier.“
5. Fortsetzung der Übung:
Fahre mit dem Klopfen fort, solange es dir guttut, typischerweise zwischen 5 und 15 Minuten.
Du kannst jederzeit eine Pause einlegen, wenn du glaubst, dass es genug ist.
6. Abschluss:
Wenn du bereit bist, stopp das Klopfen und lege deine Hände sanft auf deine Oberschenkel oder deinen Bauch.
Nimm dir noch einen Moment, um tief durchzuatmen, bevor du wieder in deinen Alltag zurückkehrst.
Video: Butterfly Hug zur Selbstregulation
Englische Anleitung zur Schmetterlingsumarmung
Anleitung + Bild
Negative Affect Erasing Methods (NAEM)
Achte darauf, wie lange du an jedem Punkt klopfen möchtest, und äußere dabei – mit Ausnahme des ersten und letzten Punktes – die folgenden Sätze:
Klopfe sanft mit 2 Fingern der Reihe nach auf die folgenden Punkte.
Stirnmitte: Schweigen
Unter der Nase: Ich bin ruhig und fühle mich wohl
Am Kinn: Ich bin wertvoll und stolz
Halsgrube am Schlüsselbein: Ich bin wertvoll und stolz
Thymusdrüse – Schweigen
Quelle: Friederike Masz
Empfindest du diese Formulierungen nicht passend, dann wandle ab: Ich arbeite daran, ruhig zu werden und mich wohlzufühlen, usw….
Ein anderer körperbezogener Ansatz wäre:
TRE - Trauma and tension Releasing Exercises
Beinhaltet eine Reihe von Übungen, die dem Körper helfen sollen, tief sitzende Verspannungen zu lösen. Zentral für diese Methode ist ein natürlicher muskulärer Reflex, der durch Zittern oder Schütteln Anspannung reduzieren soll. » PDF Anleitung für neurogenes Zittern von Muotathal
Wenn das alles nicht hilft
Atemübungen bei Angst & Panik ausprobieren
Vielleicht bist du mehr der Typ “Atemtechnik”. Auch die sind eine effektive Methode in akuten Notfällen bei Atemnot durch Asthma, COPD, Panikattacken und Flashbacks.
Wenn Angst einsetzt, flacht meist die Atmung schnell ab und wird hektisch, was die Panik nur fördert. Durch gezielte Atemtechniken – wie das langsame Ein- und Ausatmen oder das Zählen der Atemzüge – kannst du dich selbst beruhigen lernen.
Mehr dazu hier: Auswege bei Angst & Panik sowie Soforthilfe-Tipps
Fazit: Klopfen gegen Angst & Panik
Klopftechniken kommen ursprünglich aus der energetischen Psychotherapie. Dahinter steckt die These, emotionale Probleme werden durch Blockaden im Energiesystem des Körpers verursacht. Durch leichtes Klopfen auf bestimmte Akupunkturpunkte lösen sich diese Blockaden.
Neuere Ansätze (wie PEP nach Dr. Bohne) verweisen dagegen auf physiologische, neurobiologische und psychologische Prozesse, die durch das Klopfen und die Selbstaffirmation stimuliert werden.
Leibphänomenologisch passiert hier einiges! Doch die meisten Erklärungen klingen mir zu mechanistisch. Das Leibempfinden (Leiblichkeit) wird durch das Beklopfen des Körpers sanft angeregt, das stimmt. Durch die kanalisierte Aktivität (Bewegungen) und taktilen Reize (Berührungen) bauen sich innere Anspannungen ab (psychisch und physiologisch gleichzeitig).
Ich glaube nicht 1) dass es bestimmte Punkte sein müssen; 2) es eine ganz bestimmte Abfolge von Klopfpunkten braucht; 3) der Vagusnerv die ausschlaggebende Rolle spielt.
Allerdings kann die Konzentration auf eine einfache Reihenfolge zusätzlich mehr mentale Distanz zu den Angst- und Panikgefühlen schaffen. Außerdem kommt die Selbstwirksamkeit hinzu: Klopfen ist Handlung. Das fühlt sich für Betroffene besser an, als der Angst nur mit “Gedanken” zu begegnen.
Quellen:
1) Moon Stegk: Traumatherapie | Techniken & Methoden | Teil I (Blog Gestalttherapie Lübeck)
2) Friederike Masz: Übungen zur Selbstregulation (Praxis für Traumatherapie und Lebensgestaltung am Bundesplatz)
3) Michael Kopper: Schnelle Hilfe bei Intrusionen
4) Michael Bohne: https://www.dr-michael-bohne.de/
5) » Bohne: Bitte klopfen!: (#Affiliate-Link/Anzeige), Anleitung zur emotionalen Selbsthilfe